Gedankenprotokoll

24 Stunden

Performance in 2 Teilen

  1. Schreiben

  2. Laufen

Material:

Tusche, Kohle, Papier auf Rollen

Black Box [‚blæk ‚bcks; engl. ›schwarzer Kasten‹], Teil eines kybernet. Systems mit unbekanntem innerem Aufbau, von dem nur seine am Ausgang ablesbare Reaktion auf bekannte Eingangssignale feststellbar ist und bei der Systemanalyse in Betracht gezogen werden kann.1

(Meyers Lexikon)

Stellen wir uns vor:

Ein Außerirdischer kommt auf die Erde um uns Menschen zu erforschen und beobachtet uns:

1. Szene: Herr X sitzt am Schreibtisch. In unregelmäßigen Abständen klingelt das Telefon. Nach dem Klingelzeichen führt Herr x den Telefonhörer zum Ohr und spricht. (Reiz kommt von außen, Reiz-Reaktionsmodell). Durch einen Außenreiz, das Telefonklingeln wird eine Art „Motor“ eingeschaltet und bewirkt eine Reaktion, hier den Griff nach dem Hörer.

2. Szene: Herr X holt ein Butterbrot aus seiner Aktentasche und beginnt zu essen. Das Telefon läßt er klingeln und isst ungestört weiter.

Nicht nur Außenreize führen zu einer Reaktion, sondern auch in der „Black Box“ befindliche Impulsgeber, ein „Innerer Prozess“ führt zu Reaktionen (Reiz – Innerer Prozess – Reaktion), die sich nicht beobachten lassen, deren Ursache unklar ist für den neutralen Beobachter.

(Knauers Moderne Psychologie, Heiner Legewie, Wolfram Ehlers, S. 21 ff.)

Ich stelle meinen eigenen inneren Dialog dar und dokumentiere den ständigen Gedankenfluss unzensiert und ungefiltert!

So wie die Leinwand, mit der sich Sri Nisargadatta Maharaj, ein indischer Meister, in Gesprächen mit seinen Schülern selbst vergleicht:

„Ich bin wie eine Filmleinwand, klar und leer. Die Bilder bewegen sich darüber hinweg und verschwinden wieder und lassen die Leinwand so klar und sauber zurück wie vorher. Die Leinwand wird in keiner Weise von den Bildern beeinflusst, noch beeinflusst die Leinwand die Bilder. Die Leinwand fängt die Bilder auf und reflektiert sie, sie formt sie nicht….

(Sri Nisargadatta Maharaj, Ich bin, S. 137).“

Am Ende des ersten Teils der Performance zerstöre ich das Gedankenprotokoll. Ich schwärze meine Füße und gehe solange über das Geschriebene bis es nicht mehr lesbar ist. Mit diesem Prozess „verstecke“ ich mein „Gedankengeblubber“ wieder, versenke es in der „Blackbox“

Die Papierbahn bleibt als Ausstellungsobjekt in der Galerie.

Ich setze die Performance am Tisch sitzend mit einer neuen Papierrolle fort. Ich schreibe diesmal mit Kohlestift.

Galerie Koppelmann, 2017

Gedankenprotokoll

Performance, Stadtkunst Bonn, Zentralbibliothek Bonn,

6 Tage während der Öffnungszeiten der Bücherei

1999